Praxisbeispiele

Entwicklung eines stimmigen Organisationsdesigns in wachsender Digitalagentur

 
 
 

Situation

Umwelt Markt und Gesellschaft wirken auf eine Organisation ein. Zielsetzungen, Strukturen und Klima einer Organisation werden durch ihre Mitglieder geprägt. Dadurch sind Organisationen ständig in Bewegung. In besonders dynamischen Märkten können sich die Umstände sehr schnell verändern. Diesen Veränderungen können die Strukturen der Organisation häufig nicht mithalten.  

Im folgenden Beispiel wandte sich eine junge Social Media- und Kommunikationsagentur an uns, die in den letzten Jahren rasant gewachsen ist und es weiterhin tut. Dadurch haben sich die Anforderungen an Strukturen, Prozesse und Zusammenarbeit signifikant verändert. Der deutlich höhere Arbeitsaufwand nach außen, aber auch der komplexere Führungs- und Organisationsaufwand nach innen, brachte die bisherige Organisationsstruktur an ihre Grenzen.  
 

Problem

Einige der gestiegen Anforderungen konnten durch kooperative und freundschaftliche Zusammenarbeit kompensiert werden. Es zeigten sich jedoch zunehmend Unzufriedenheiten in der Belegschaft über Unklarheiten bei den Zuständigkeiten, der Arbeitsverteilung und den Entwicklungschancen. Außerdem lagen unternehmensseitig eingeübte Vorgehensweisen vor, die das Denken und Handeln verkomplizierten. Beispielsweise die Tendenz, (Arbeits-)Stellen an spezifischen Personen auszurichten. Dadurch wurden Stellen geschaffen, die sich eher an den Bedürfnissen einzelner Personen orientierten, anstatt an den Notwendigkeiten der Organisation.  

Insgesamt trafen ein hoher interner Anspruch sowie hohe externe Anforderungen, auf wenig Erfahrung und Kompetenz in der Organisationsentwicklung. Aus diesen Problemen drohte eine hohe Fluktuation zu entstehen, mit der Schwierigkeit neue Mitarbeitende in eine unterdefinierte und wenig entwickelte Struktur zu integrieren. Dadurch geriet die Qualität der Arbeit und das Bestehen der Organisation zunehmend in Gefahr. 
Dieser Übergang von der Pionierphase („die Organisation als Familie“) einer Organisation in die Differenzierungsphase („die Organisation als Apparat“) bewegt sich typischerweise in einem Spannungsfeld zwischen Chaos und Starrheit.

Einerseits soll die Flexibilität erhalten bleiben, während gleichzeitig Ordnung geschaffen werden soll. Hierbei besteht das Risiko in Aktionismus zu geraten vs. in Erstarrung zu verfallen. Jede dieser Überreaktionen in eine der beiden Richtungen schafft Folgeprobleme, weshalb es im Zuge der Organisationsentwicklung auf eine kluge Integration beider Seiten ankommt. 

Lösung

Zu Beginn einer ganzheitlichen Organisationsentwicklung ist es wichtig, die Ausgangsbedingungen sowie das Ziel des Prozesses zu bestimmen. Dazu gehört, den Gesamtprozess der Organisationsentwicklung in einem größeren zeitlichen Zusammenhang zu betrachten: 

  • Was ist das Zielbild, im Sinne eines Big-Pictures?  

  • Wo wollen wir in 2 Jahren stehen?  

  • Inwieweit lässt sich dieses Zielbild aus den gegenwärtigen Umständen realisieren?  

Aus diesen Überlegungen ergeben sich der „Case for Change“. Wir wollen in Zukunft dorthin und müssen deshalb hier und heute Änderungen einleiten. So wird Relevanz für die Veränderungsabsicht erzeugt und mobilisiert.  

Der Weg zum Ziel verläuft für jede Organisation unterschiedlich. Sie ist abhängig von den individuellen Besonderheiten der Organisationsdynamik. Im vorliegenden Beispiel zeigte sich die Sozialdimension als eine Herausforderung der Organisationsdynamik, insbesondere Rollen und Verantwortlichkeiten. 

Mit einer beruflichen Rolle sind die expliziten und impliziten Erwartungen des sozialen Umfelds an das Verhalten einer Person auf einer bestimmten Position innerhalb der Organisation gemeint. Diese Rollenerwartungen sind oft nicht verbindlich dokumentiert oder kommunikativ vereinbart, sondern werden den Rolleninhabern indirekt vermittelt bzw. sind in Organisationen oftmals kulturell tradiert. Hinzu kommen vermutete Erwartungen, Projektionen oder Modellerfahrungen des Positionsinhabers, auf deren Basis das eigene Rollenverhalten ausgestaltet wird. Klarheit über die einzelnen Rollen und das Rollengefüge sind daher ein zentrales Thema in diesem Projekt. 

Zu Beginn des Rollendefinitionsprozesses wurden alle notwendigen Rollen identifiziert, inklusive ihrer Position im Unternehmen:  

  • Wo ist der Bedarf? Welche Rollen brauchen wir dafür?  

  • Was ist also der Zweck der einzelnen Rollen?  

  • Welche Level innerhalb der Rollen benötigen wir?  

  • Welche Organisationsstruktur bildet unser Unternehmen treffend ab und wie lassen sich hier die Rollen einfügen? 

Damit wurde die Struktur der Organisation überprüft und klar ausdefiniert. Diesem Schritt des Organisationsdesign kommt eine besondere Wichtigkeit zu. Wird hier sauber gearbeitet, erleichtert es das anschließende Staffing, indem eine klare Struktur mit klaren Verantwortungsbereichen geboten wird, in die sich die Mitarbeitenden einfügen lassen. Andernfalls besteht das Risiko, dass neue Mitarbeitende in einer frisch aufgesetzten Organisationstruktur, Aufgaben aus anderen Rollen übernehmen, die noch nicht besetzt sind. Hier spielt auch die Reihenfolge des Staffings eine Rolle. Eine wohl überlegte Reihenfolge, welche Rolle man sich wann leistet, vermeidet genannte Probleme und potenziert den Organisationsentwicklungsprozess positiv. 

Ergebnis

Im Rahmen der intensiven Zusammenarbeit entstand eine vertrauensvolle und anhaltende Partnerschaft, die große Fortschritte erzielen konnte. Das transformierte Organisationsdesign (Organigramm mit Organization-, Experts-, Businesskreis und das Denken in Rollen) stellte einen Schlüssel zur gewinnbringenden Veränderung dar. Das neue Rollengefüge steckte Zuständigkeiten und Arbeitsverteilungen klar ab und bot Entwicklungschancen. Das Denken in Rollen erleichterte die professionelle Trennung von Person (privatem) und Rolle (beruflichem), was gerade in einem durch Freundschaft geprägtem Arbeitsumfeld wichtig ist. Auch der Wechsel zwischen verschiedenen Rollen mit unterschiedlichen Anforderungen wurde erleichtert. Eine Person kann mehrere „Hüte“ aufhaben und damit zwischen Rollen wechseln.

Die Einsetzung einer HR-Stelle und die unternehmensseitige Internalisierung der neuen Denk- und Handlungskonzepte, erhöhte die interne Organisationsentwicklungskompetenz. Da sich auch in Zukunft die Anforderungen an Social Media- und Kommunikationsagenturen dynamisch ändern werden, wird das Unternehmen durch die neuen Kompetenzen zunehmend zur eigenständigen Adaptation und Transformation der Organisationsstruktur befähigt. Damit ist es bereit für die Zukunft und auf dem Weg die selbstgesteckten, langfristigen Ziele des Big-Pictures zu erreichen.

Projektteam: Niels und Christoph