Sind wir süchtig nach Stress?! Warum wir nicht zur Ruhe kommen
RUHE – Warum ist „darüber reden“ so einfach, doch es wirklich zu finden so schwer? Und wie wie kommen wir denn wirklich zur Ruhe?
Oft kommt der Gedanke auf: „Der Alltag ist einfach zu stressig. Ich finde wirklich keine Zeit für mehr Entspannung!“ Eine ironische, aber sehr relevante Aussage. Das zeigen auch die vielen Posts, Artikel, Podcasts oder Workshops: Ob in klassischen Magazinen oder Social Media, zu lesen gibt’s „Die10 besten Tipps für Deine optimale Entspannung“ –– „Die perfekte Methode für mehr Ruhe“ – „Der Achtsamkeits-Workshop für deine innere Balance“.
Sie sprechen den Wunsch der Menschen an – den Wunsch endlich mal zur Ruhe zu kommen, zu entspannen, sich frei machen von allen Entscheidungen, Erwartungen & Verpflichtungen, die jeden Tag sehnsüchtig warten. Und es wäre so herrlich einfach, eben mal einen Artikel zu lesen oder einen Podcast zu hören – neben dem Arbeiten natürlich – und schon hätten wir Ruhe. Doch allein durchs Konsumieren bleiben wir nur auf der Suche nach Ruhe. Um sie zu finden, müssen wir aktiv werden und uns Ruhe nehmen. Aber warum fällt es so schwer?
Eine spannende Ursache, die das paradoxe Verhalten erklärt: Wir sind süchtig nach Stress!
Um das besser zu verstehen, zoomen wir etwas tiefer in die physiologischen Prozesse von Ruhe: einem hohen Wert des Stresshormons Cortisol empfinden wir physischen Stress. Das Hormon sorgt für eine erhöhte Energiebereitstellung, indem es den Blutzuckerspiegel hebt, den Herzschlag beschleunigt und Eiweißreserven zur Energiegewinnung abbaut. Der Körper wird dann in eine Art „Alarmbereitschaft“ versetzt. Dabei wirkt Cortisol kurzfristig aktivierend und motivierend und kann uns dabei helfen, Herausforderungen zu meistern. Doch das „Problem“ lauert in der dauerhaften Alarmbereitschaft: Termindruck, ständige Erreichbarkeit und der stete Druck, produktiv zu sein, halten das Cortisol-Level hoch.
Das Tückische: Stress wird dabei zur Gewohnheit.
Denn langfristig gewöhnt sich der Körper an den hohen Cortisolspiegel und die Stressreaktion wird zur „Default Einstellung“. Hinzu kommt, dass wir uns unbewusst stressige Situationen suchen, weil wir den Zustand von Anspannung als "normal" empfinden.
Die Folgen von chronisch hohe Cortisolwerte sind weitreichende gesundheitliche Beeinträchtigungen, wie Bluthochdruck, Schlafstörungen, Depressionen und Schwächung des Immunsystems, was anfälliger für Infektionen und andere Erkrankungen macht.
Was kann jeder für sich tun?
Stress-Gewohnheiten oder gar eine Sucht ist oft das Resultat von Gewohnheiten, die sich über Jahre gebildet haben. Daher ist der erste Schritt, zu erkennen, ob sich eine Stress-Gewohnheit in unser Leben geschlichen hat. Dabei gilt den eigenen Alltag bewusst und ganz ehrlich zu reflektieren. Mögliche Anzeichen sind sich immer wieder in stressige Situationen zu bringen, obwohl einem schon mehr oder weniger bewusst ist, dass es eigentlich zu viel ist. Oder sich ohne Druck unproduktiv oder gar unwohl fühlt. Wer da bei sich bemerkt, hat den ersten entscheidenden Schritt bereits getan. Der zweite Schritt ist aus dem Teufelskreis auszubrechen und sich mehr Ruhe aktiv zu nehmen:
Denn Ruhe ist keine Schwäche, sondern eine Kraftquelle. Und um nun doch eine Quintessenz aus all den Beiträgen zu Ruhe auf den Punkt zu bringen – Innere Ruhe ist eine Investition in die eigene Gesundheit und Lebenszufriedenheit: Denn wir sind fitter, zufriedener, kreativer und gesünder. Das ist auch für unsere innere Motivation förderlich. Und langfristig stärken ausreichend Ruhephasen sogar unsere Resilienz und Leistungsfähigkeit.
Was können Unternehmen tun?
Ein großer Faktor, der maßgeblich für ein hohes Stresslevel verantwortlich ist, ist die Arbeit. Daher können wir auch in Unternehmen für weniger „Suchtpotenzial“ sorgen:
Hier ist der erste Schritt Arbeitsmuster zu erkennen, um gegen chronischen Stress aktiv vorzugehen. Darüber hinaus geht es auch um Strukturen in Unternehmen. Flexible Arbeitszeiten, flexible Gestaltung von Pausen-Zeiten und minimale Unterbrechungen – um ein paar erfolgreiche Ansätze zu nennen. Das gelingt nur, wenn der Wert Ruhe in die Kultur eingebettet wird. Es geht darum, den Mitarbeitenden Raum zur Erholung zu bieten.
Das ist nicht nur eine ruhebringende Wohltat für alle Mitarbeitenden, sondern wirkt sich auch positiv auf den langfristigen Erfolg des Unternehmens aus.