„Es hat sich immer vollkommen richtig angefühlt“ - Im Gespräch mit Social Entrepreneur Fabien Matthias
Wir haben mit Fabien Matthias, 27 Jahre alt und Gründer von NePals e.V., über seinen bisherigen Weg gesprochen. In unserem Gespräch haben wir unter anderem gefragt, ob er schon immer Vereinsgründer bzw. Unternehmer werden wollte und wie er herausgefunden hat, was er (beruflich) machen möchte. Kurz gesagt: Wie ist Fabien zu dem gekommen, was er heute macht?
Wie kam es zur Gründung von NePals?
Fabien war 2015 zur Zeit des verheerenden Erdbebens in Nepal und hat die gewaltigen Auswirkungen vor Ort miterlebt und gesehen. Anstatt zurück nach Deutschland zu fliegen, ist er vor Ort geblieben und hat gemeinsam mit drei Freunden in den Bergregionen, wo zunächst keine Hilfe ankam, Aufbauarbeit geleistet. Sie haben die betroffenen Menschen mit Nahrungsmitteln, Wasser, Zelten und anderen, lebensnotwendigen Dingen versorgt. Auch nach seiner Rückkehr hat Fabien diese Tätigkeit weitergeführt und sich in seiner Studienzeit mit Kommilitonen zusammengetan, die diese Arbeit unterstützen wollten. Hieraus ist der Verein NePals e.V. entstanden. Inzwischen gibt es neben NePals auch EcoPals und die neugegründete Nidisi gGmbH – und zu der ursprünglichen Aufbauhilfe sind zahlreiche andere Projekte (im Bereich Bildung, Trinkwasseraufbereitung, Menstruationsprodukte und Straßenbau aus recyceltem Plastik) dazu gekommen. Mehr zu NePals findest Du hier.
Sich selbst ausprobieren
“Nach dem Abi wusste ich überhaupt nicht, was ich machen sollte”. Wie viele von uns, war auch Fabien mit der Frage “Was möchtest du nach der Schule machen?” überfordert und konnte sich nur schwer an die Freiheit, die durch den Wegfall des Schulalltags und der gewohnten Struktur entstand, gewöhnen.
Aus diesem Nichts hat Fabien kurzerhand ganz viel gemacht: Mit einem selbst umgebauten Van ist er durch Osteuropa gefahren, er hat sich als Journalist ausprobiert und ein Praktikum bei einem Fotografen sowie ein weiteres im Architekturbüro gemacht. Er hat jedoch bei all diesen Tätigkeiten festgestellt, dass sie nichts für ihn sind und ihn nicht begeistern. Er ist daraufhin nach Nepal geflogen und hat dort als Englischlehrer (“möchte gern”, wie Fabien sagt, da er rückblickend seine Rolle als Lehrer ohne Ausbildung oder pädagogischen Hintergrund kritisch sieht) gearbeitet.
Fabien sagt, dass er Dinge fühlen muss, d.h. die Situationen erleben möchte, bevor er sagen kann, ob es etwas für ihn ist und zu ihm passt. Für Fabien war es sehr hilfreich ganz viel zu machen und sich auszuprobieren.
Auf Menschlichkeit und sich selbst vertrauen
Fabien sagt, dass er ein sehr großes Vertrauen in die Menschheit hat und dass ihn dieses Vertrauen im Leben sehr weit bringt. Er hat wenig Angst: “Obwohl ich nicht besonders viel kann, kann ich keine bzw. wenig Angst haben”.
Wobei er anmerkt, dass das ‘wenig Angst haben’, stetige Arbeit ist und er sich immer wieder daran erinnern möchte. Daher verlässt er regelmäßig seine Komfortzone, um Menschlichkeit zu erleben:
Zum Beispiel als er mit einem Freund ohne Habseligkeiten und ohne Geld loslief, mit dem Ziel eine Nacht auf einer Yacht am Mittelmeer zu übernachten oder das zweite Mal einen Whiskey mit einem englischen Lord zu trinken. Auf diesen Reisen begegnet er besonders viel Menschlichkeit und ist immer wieder über das gegenseitige Vertrauen erstaunt - übrigens: Nach 27 Tagen waren die beiden tatsächlich auf einer Yacht im Mittelmeer.
Bisher hat ihm sein Lebensweg gezeigt, dass “du alles machen kannst, wenn du dran glaubst”. Und er sagt auch, dass diese Haltung und der Vertrauensvorschuss, andere Menschen ansteckt und er erlebt hat, wie viel Positives hierdurch in die Welt gebracht wird.
Umstände und Pläne dürfen sich auch ergeben
Fabien ist nicht eines Morgens aufgewacht und wusste, dass er NePals e.V. gründen würde. Er hat intuitiv das gemacht, was er in diesem Moment für richtig hielt und diese Begeisterung in die Welt getragen. Außerdem sagt Fabien, er hatte “das Glück, die richtigen Leute zum richtigen Moment zu treffen”. Ein Kommilitone, der NePals gerne unterstützen wollte, hatte zu Beginn Bedenken, ob diese Art der Arbeit “legal” ist und hat letztlich dafür gesorgt, dass der Verein NePals e.V. gegründet wurde und der Arbeit einen offiziellen Rahmen gegeben.
Fabien, der sich selbst als Gefühlsmensch beschreibt, sagt, “es hat sich immer vollkommen richtig angefühlt, den Weg zu gehen”. Wenn dem nicht so ist, ist Fabien dazu bereit, Dinge zu verändern oder auch zu beenden und trifft recht schnell eine Entscheidung.
Dinge beenden, Alternativen entwickeln und neue Wege gehen
Seine Erfahrung in Nepal hat Fabien gezeigt, dass „Veränderungen aus der Wirtschaft heraus passieren müssen“. Dieser Antrieb führte dazu, dass er sich für Studiengänge, die sich mit alternativen Wirtschaftsformen beschäftigen, interessierte und sich an diversen Universitäten beworben hatte. Er war dann im Bewerbungsprozess der Zeppelin Universität und nach kurzer Zeit allerdings sehr niedergeschmettert, als er merkte, dass diese eine private Universität ist. Er war allerdings so begeistert vom Bewerbungsprozess und den ihm gestellten Fragen (“Wenn du eine Sache umsetzen könntest, was würdest du machen?”), dass er einen Weg finden wollte, dort zu studieren und sich daher dazu entschied, einen Studienkredit aufzunehmen.
Ein zweiter enttäuschender Moment war für Fabien, als er merkte, dass die Inhalte vom Studienfach – seiner Meinung nach – weniger mit alternativer Wirtschaft zu tun hatten als gedacht und er feststellen musste “das interessiert mich überhaupt nicht”. Er hat sich im ersten Semester bereits umgeschaut und schließlich zum Studium “Soziologie, Politik & Wirtschaft” gewechselt. Er sagt, dass dies für ihn die “absolut richtige Entscheidung” war.
Neues dazulernen und sich stetig weiterentwickeln
Dass Fabien Herausforderungen annimmt, statt sich ihnen zu verweigern, zeigt er an sehr vielen Beispielen. Für ihn ist es sehr wichtig, in einem stetigen Lernprozess zu sein und langsam immer besser zu werden:
Mit der Vereinsgründung und der immer weitreichenderen Professionalisierung, hat Fabien gemerkt, dass er nicht ausschließlich auf sein Gefühl hören kann und es langfristig nicht ausreichend ist, mit eigenen Ideen “einfach loszulegen”. Daher ist es wichtig, im Team Menschen mit einer strukturierten und organisierten Arbeitsweise zu haben. Er sagt, er alleine hätte den Verein so nicht aufbauen und weiterentwickeln können, da es im Team diese verschiedenen Arbeitsweisen und unterschiedlichen Stärken braucht, um gemeinsam an einem Ziel, einer Vision, zu arbeiten.
Wie groß das Vertrauen und die Ehrlichkeit innerhalb des Teams ist, zeigt auch die Tatsache, dass Fabien lernen möchte, besser öffentlich zu sprechen und hierbei den roten Faden in Gesprächen zu halten. Denn dieser Entwicklungswunsch entstand durch Feedback aus seinem Team, was er dankbar angenommen hat.
Fazit
Zum Schluss haben wir Fabien die Frage gestellt, was er Schüler*innen einer Abschlussklasse in ihrer letzten Schulstunde mit auf den Weg geben würde und wie er die Stunde gestalten würde:
Er hat sich – nach etwas Überlegungszeit und dem Hinweis, wer überhaupt noch aufnahmefähig in der letzten Schulstunde sitzt 😉 – für eine Achtsamkeitsübung entschieden. Nach seiner Erfahrung, ist es unfassbar wichtig, Zugänge zu eigenen Gefühlen zu haben und diese auch äußern zu können. Denn dieser Schritt, so Fabien, könnte bereits so viel mehr in Gang bringen.
Möchtest auch Du NePals unterstützen?
Eine Möglichkeit ist, den Verein finanziell durch Spenden und langfristige Partnerschaften zu unterstützen. Wenn Du auch selbst aktiv werden möchtest kannst Du dich auch für ein Praktikum bewerben. Es werden stets Menschen gesucht, die tatkräftig an den Projekten mitwirken und sich persönlich weiterentwickeln wollen. Auch für Unternehmen gibt es zahlreiche Wege, bspw. in Form einer Kooperation, Unterstützung zu leisten. Wenn Du Interesse hast, melde Dich einfach bei Fabien direkt oder schau hier vorbei.
“Werte sind die Grundlage für alles Tun – Gemeinsame Werte sollten das sein, warum irgendjemand irgendwo arbeitet.” - Fabien Matthias