Praxisbeispiele

Organisationsentwicklung in der Fertigung eines mittelständischen Industrieunternehmens

 
 
 

Situation

Das Rückgrat der deutschen Wirtschaft war und ist der Mittelstand. Viele Unternehmen des produzierenden Gewerbes bestehen seit Jahrzehnten erfolgreich und haben sich national wie international fest platziert. Doch in sich zunehmend wandelnden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umständen geraten alte Organisationsstrukturen und Abläufe an ihre Grenzen, wodurch sie ihre bisherige Funktionalität verlieren können.  

Im folgenden Beispiel wandte sich ein mittelständisches Industrieunternehmen an uns, mit Spannungen in der Führungsstruktur der Fertigungsabteilung. Das Unternehmen war recht klassisch hierarchisch organisiert und musste viele Veränderungen bewältigen. So war ein deutliches Wachstum der Belegschaft zu verzeichnen. Zudem wurde ein neuer, moderner Produktionsstandort bezogen, der zwangsläufig viele Veränderungen der bisherigen Abläufe mit sich brachte. Parallel bestand wenig interne Ressource und Kompetenz zur Organisationsentwicklung. 

Ausgangspunkt war also das deutlich spürbare Problem der Führung auf dem Shopfloor. In unserer folgenden Rundumbetrachtung wurde jedoch schnell deutlich, dass die Spannungen lediglich das Symptom einer allgemeineren Problematik darstellten. 

Denn einige Mitglieder der Führungsebene erschienen als gutes Team mit hoher gegenseitiger Loyalität, während andere nicht eingebunden wurden. Zudem fanden sich viele informale Muster und Regeln, die durch eine angesehene Person in machtvoller Position über viele Jahre hinweg im Unternehmen geprägt wurden. Durch den Umzug des Produktionsstandortes waren diese Muster jedoch nicht mehr ohne weiteres anwendbar. Zusätzlich mangelte es an strukturierter, formalisierter Kommunikation. Ebenso war die bottom-up Kommunikation wenig durchlässig, es bestanden also wenig Möglichkeiten zur Kommunikation von den unteren Ebenen in die Führungsebene.

Problem

Aus dieser Situation heraus hätten sich weitere Probleme entwickelt, wenn aus Unternehmenssicht keine Intervention in Form einer Beratung und Implementierung zur Organisationsentwicklung stattgefunden hätte. So hätten die zwischenmenschlichen Spannungen, sowohl auf dem Shopfloor als auch in den Führungsebenen, weiter zugenommen, was zu einer Verschlechterung des Arbeitsklimas und der Unternehmenskultur geführt hätte. Hieraus entwickeln sich häufig eine hohe Fluktuation sowie Probleme beim Recruiting und Onboarding von Fachkräften. In der Folge hätte die Effizienz der Produktion weiter abgenommen, z. B. durch Verzögerungen, einer höheren Anzahl von Fehlern und damit verbundenen Einbußen in der Qualität der Produkte. Diese Probleme hätten sich in der aktuellen Marktlage, mit angespannten Lieferketten, hohen Auftragsauslastungen/-staus und steigenden Kosten, potenziert. Dadurch wäre der Erfolg des Unternehmens zunehmend gefährdet gewesen.

Lösung 

Wie entwickeln wir nun eine Organisation mit derartigen, mehrdimensionalen Herausforderungen? Hierfür ist ein umfassendes Interventionskonzept mit verschiedenen Stoßrichtungen nötig. Im Allgemeinen entzieht sich die angesprochene informale Seite einer Organisation der direkten Beeinflussung, weil sie sich aus der Kultur der geteilten Denkmuster und Handlungserwartungen speist. Hier muss die Veränderung also über einen Dialog entstehen, in welchem die informalen Themen zur Sprache gebracht, beobachtet und verhandelt werden. Über die formale Seite, d.h. Strukturen, Regeln, Prozesse und Handlungsanweisungen, kann hingegen entschieden werden.  

Hieraus leiteten wir, eng an den individuellen Besonderheiten des Unternehmens angelehnt, drei Stoßrichtungen für eine positive Entwicklung ab. 

1 | Die Bewältigung der Vergangenheit zur Öffnung für die Zukunft 

Eine aktive Würdigung und Verabschiedung vom gemeinsamen, bisherigen Weg schafft Raum für Neues und sorgt für Aufbruchstimmung. Dadurch kann der emotionalen Polarisierung zwischen Veränderung und Bewahrung entgegengewirkt werden und ein geteiltes Zukunftsbild entstehen. 

2 | Führung für einen soliden Rahmen

Innerhalb der Führungsriege muss jeder Teil an- und ernstgenommen werden, damit sie gemeinsam in die Rolle und als Ebene hineinwachsen können. Dann können die Erwartungen im Führungskreis ausgehandelt und für jeden klar und erfüllbar werden. 

3 | Stimmige Kommunikationsstrukturen

Wertschöpfungsorientierte (nicht hierarchieorientierte) kompakte Kommunikationsplattformen beschleunigen den Informationsfluss und „entzaubern“ die Sonderwege. Durch eine schnelle und hilfreiche Abstimmung auf dem Shopfloor werden die Schnittstellen verbessert. 

Aus diesen Stoßrichtungen wurden eine Vielzahl von Maßnahmen entwickelt, von denen hier nur eine Auswahl genannt werden soll. Zunächst erarbeiteten wir in einem Querschnittsworkshop ein gemeinsames Zielbild. Um das Unternehmen zur Weiterentwicklung zu befähigen, wurde ein Change-Team ausgebildet und implementiert, das dauerhaft Änderungspotenziale identifiziert und die dafür nötigen Prozesse einleitet. Um den Führungsproblemen in der Fertigung zu begegnen, erhielten die beteiligten Führungskräfte Coachings. Darüber hinaus wurden je nach Bedarf Einzelcoachings oder Team-Setups für Teilbereiche durchgeführt sowie ein monatliches Sparring mit der Geschäftsführung eingeleitet. Das Projekt besteht bis heute fort, sodass wir uns im regelmäßigen Austausch mit allen Beteiligten befinden und die Maßnahmen weiter optimiert werden können. 

Ergebnis

In diesem Projekt haben wir von unserer langjährigen und vielfältigen Erfahrung mit Unternehmen des produzierenden Gewerbes profitiert. Durch die gemeinsame Arbeit konnten wir das Unternehmen vollumfänglich auf allen Hierarchieebenen verstehen und jede wertvolle Perspektive einbeziehen. Hieraus ist eine enge und vertrauensvolle Partnerschaft zwischen dem Unternehmen und der Wertefabrik entstanden. Die Atmosphäre im Betrieb, das Kommunikationsverhalten und die Führungskultur sind heute durch Wertschätzung und Offenheit geprägt. Die positiven Konsequenzen sind auch an handfesten betriebswirtschaftlichen Faktoren ablesbar. So bestand zu Beginn des Projekts ein kontinuierlicher Fertigungsstau, der durch die eingeleiteten Veränderungen abgebaut werden konnte. Das Wissen der Mitarbeitenden auf verschiedenen Führungsebenen und damit auch die Organisationsprozesse verbessern sich kontinuierlich.  

Das Unternehmen entwickelt sich heute dynamisch weiter. Es ist nicht zuletzt durch das Change-Team zur Selbstorganisation befähigt worden, wodurch es agil auf neue Anforderungen reagieren und Veränderungen eigenständig einleiten kann. Damit ist unser Mandant bereit für die Zukunft und den Herausforderungen, die diese stellen wird.

Projektteam: Silke und Christoph