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Nur, wo Werte sind, kann Sinn entstehen

 
 

 

Blogbeiträge

Nicht schon wieder "Karten kleben"! Drei Wege, um Dialoge lebendiger zu gestalten

 

Foto von Jess Bailey auf Unsplash

 
 

Unsere Arbeit als Organisationsberatung ist geprägt von Hypothesen, Analysen, Theorien und Konzepten - ganz schön viel "Kopf". Auf "Herz" treffen wir häufig mit und in unseren Interventionen. Da geht es nicht selten um starke Emotionen, wie Trauer oder Ohnmacht. Es kann auch um enttäuschte Hoffnungen und Verlustängste gehen. Das "Herz" kommt zum "Kopf" dazu.  

Doch wo bleibt - neben Kopf und Herz - eigentlich die Hand? "Hand" ist hier zum einen natürlich als Praxisnähe zu verstehen, hier möchte ich ganz konkret und direkt das haptische Element in Workshops, Coachings oder Trainings betonen. Hier kommen drei Wege, wie wir dieses Element in unseren Interventionen betonen:   

1. BASTELN: 3D-Skulpturen für Zukunftsentwürfe 

Wenn Autoreifen zu To-Do´s werden und der Chef einen Cowboyhut trägt, dann befindest Du Dich vermutlich in einer 3D-Modelling-Session. 3D- Modelling ist ein co-kreative Übung vom Presencing Institute um Otto Scharmer von der MIT Sloan School of Management. Die Übung hilft Gruppen oder Einzelpersonen dabei, zu verstehen, wie sich ein System entwickeln könnte - zum Beispiel in Momenten des Wachstums oder von Herausforderungen.

So geht´s: 

1 | Zuerst erstellen Gruppen dafür ein 3D-Modell eines sich in Veränderung befindenden Systems. Hierfür verwenden wir gerne Bastelmaterial. 

2 | Danach wird dieses Modell aus vier Perspektiven reflektiert:  

Emotionen & Beziehungen mit den möglichen Leitfragen: 

  • Welche Emotionen löst das Modell bei mir aus? 

  • Was erzeugt angenehme/unangenehme Emotionen? 

  • Wie fühlen sich die sozialen Beziehungen im Modell an?
      

    Wahrheiten & Muster mit den möglichen Leitfragen: 

  • Was wird im Modell deutlich, was bisher unausgesprochen/zu wenig besprochen ist? 

  • Welche Muster (Entscheidungen, Reaktionen, ...) spiegelt uns das Modell? 

  • Welchen Themen müssen wir uns stellen? 

    Enden & Anfänge mit den möglichen Leitfragen: 

  • Was endet in diesem Modell? 

  • Wie deutet sich das Ende an? 

  • Was möchte entstehen? 

    Vision & Sinn mit den möglichen Leitfragen: 

  • Welches Zukunftspotenzial zeichnet sich ab? 

  • Welche Kernwerte und Sinn werden deutlich? 

  • Wenn uns das Modell einen Hinweis für die Zukunft geben könnte, was würde es uns sagen?

Das hilft beim Erkennen der sich abzeichnenden Zukunft und dem Entwicklungspotential des Systems. 

3 | Dieses Entwicklungspotenzial wird dann auf Basis des bestehenden Modells abgebildet. Die Teilnehmenden bauen das Bestehende um, greifen ein, suchen neue Materialien. 

Ich mag die Übung besonders, weil sie Transformationsprozesse sehr umfassend und stimmig zur Realität symbolisiert. So fragte eine Teilnehmerin im Workshop z.B. ob wir nun, wo es ja schließlich um die Zukunft ginge, eine neue Unterlage zur Verfügung stellen könnten (natürlich nicht, denn das Unternehmen baut man eben auch nicht von Grund auf neu). Oder die Gruppe merkt, dass bei vorher fest geklebten Elementen eine Veränderung anders abgebildet wird und länger überlegt werden muss (Routinen und stabile Strukturen werden spür- und sichtbar). Außerdem wird deutlich, was bleiben und nicht verändert werden soll. Eine häufig unterschätzte Frage, wenn wir in Organisationen über Change sprechen. 

2. RAUSGEHEN: Denn Workshop-Räume sind nur begrenzt kreativ

Während der erste Weg in jedem üblichen Raum funktioniert, habe ich häufig das Gefühl, dass mancher Raum die Möglichkeiten eher beschränkt als erweitert. Mich zieht es dann mit der Gruppe oder auch im Einzelgespräch immer öfter ins Freie. Gerade die Arbeit in der Natur habe ich zuletzt wieder zu schätzen gelernt.  

Es erfordert ein paar Anpassungen beim Arbeitsmaterial, da aber der Wald so viel Material und Vielfalt zu bieten hat, ist man immer wieder überrascht, wie schnell und einfach die Gruppen in den Fluss kommen. Und eine komplizierte Methode braucht es dann manchmal gar nicht. Im Rahmen des Teamcoachings kann man z.B. die drei Kernthemen des Teams im Wald erkunden und besprechen. 

  1. Mit den drei Kernthemen im Gepäck, sucht ihr auf dem gemeinsamen Waldspaziergang nach dem passenden Ort für Thema 1. Welches Umfeld repräsentiert unser Thema gut? Und warum? Ist es eine Lichtung? Eine Steigung? Ein Ort mit vielen, eng aneinander stehenden Bäumen, ... 

  2. Vor Ort wird das jeweilige Thema dann näher beleuchtet. Hier kann z.B. nach den Akteuren gefragt werden: Wie steht jeder Einzelne im Themenfeld? Wo positioniert man sich und warum? ... Danach können die Kommunikationsmuster aus den Positionen reflektiert werden: Können wir uns so verständigen? Sind die Abstände und Positionen dafür hilfreich oder eher nicht? An wen wendet man sich automatisch? Wer gerät aus dem Blickfeld? ... 

  3. Abschließend reflektiert Ihr als Gruppe das Erlebte: Was wurde deutlich? Welche Energie haben wir gespürt? Was fühlte sich natürlich an? ... Auf dieser Basis lassen sich dann - am besten an einem separaten Platz - mit Außenblick auf den Ort des Geschehens (das Thema) die wichtigsten Punkte für die weitere Bearbeitung festhalten.  

Danach geht es weiter in den Wald, um den stimmigen Ort für das nächste Thema zu finden.

3. ALTERNATIVEN: Der Rahmen bleibt, aber das Material ist ungewohnt 

Wo die ersten beiden Wege etwas Planungsaufwand erfordern, besticht der 3. Weg dadurch, dass dieser in jedem Setup erstaunliche Wirkung erzeugen kann. Es geht einfach darum, die gewohnten Materialien z.B. in einem Workshop zu überdenken. Was könnte eine Flipchart-Alternative sein? Wie könnten wir Post-It´s ersetzen, Welche anderen Stifte können wir nutzen? …  

Beispiel "Punkteabfrage": 

Stell Dir zum Beispiel den Moderationsklassiker Punkteabfrage vor. Statt den handelsüblichen Klebepunkten benutze ich (seit ich daheim ausgemistet habe) dafür gerne Spielgeld. Die Monopoly-Währung erinnert im Workshop an schöne Spielabende in der Kindheit und gibt der Priorisierung direkt einen spielerischen Charakter. Ich kann so z.B. in eine Idee auf der Ideenwand wortwörtlich investieren.   

Unsere Kollegen der Komfortzonen haben auf ihrem lesenswerten Blog einige alternative Material-Ideen zusammengestellt, auf die ich hier gerne hinweise: 

Fazit

Wenn Kopf, Hand und Herz stimmig zusammenkommen kann dies eine neue Kraft erzeugen und Interventionen wirksamer und lebendiger machen. Viel Freude beim Ausprobieren!