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Wie gelingt berufliche Orientierung ohne Druck?

 

Foto von Redd F auf Unsplash

 
 

In der hektischen Zeit der beruflichen Orientierung stehen viele Schülerinnen und Schüler vor der Frage: “Was möchte ich eigentlich werden? Wie möchte ich meinen beruflichen Weg gestalten?” Ich durfte mit Lina sprechen, einer jungen Frau in der 12. Klasse, die sich momentan auf ihre Abitur-Prüfungen vorbereitet und sich gerade genau diesen Fragen stellt. Im Interview spricht sie über ihre Erfahrungen, den Druck der Schule und wie Unternehmen und Schulen junge Menschen in der beruflichen Orientierung besser unterstützen können. 

In den Schulen laufen die beruflichen Karriereprogramme auf Hochtouren. Auch an Linas’ Schule gibt es einige Angebote, wie ein Besuch an der Universität inkl. Vorlesungen sowie Informationen rund um Studium oder Informationen zum Freiwilligen Sozialen/ Ökologischen Jahr.   

Neben dem enormen Leistungsdruck vermitteln Lehrende auch den Druck, neben den Prüfungsvorbereitungen schnellstmöglich den nächsten beruflichen Schritt zu planen und gar den beruflichen Werdegang schon zu kennen.  

Doch die Angebote entsprechen nicht immer den Bedürfnissen und Interessen der Schülerinnen und Schüler. Insbesondere fehlt es an vielfältigen Informationen, die auf die Lebenswelten der Schülerinnen und Schüler zugeschnitten sind. Die Schülerinnen und Schüler können oft bestimmte Optionen wie beispielsweise Freiwilliges Soziales/ Ökologisches Jahr nicht wahrnehmen, da sie unter 18 Jahre alt sind. 

Lina berichtet: “Angebote beziehen sich grundsätzlich auf das Studieren” und primär auf populäre Studiengänge, wie Jura oder Medizin. Über Berufsausbildungen wird nur ganz am Rande informiert.   

“Das hat mich unter Druck gesetzt, weil ich zum Beispiel über Ausbildungsberufe nachgedacht habe.” Auch einige ihrer Freunde interessieren sich sehr für den Ausbildungsbereich und wünschen sich mehr Vielfalt in den angebotenen Informationen.  

All dieser Druck wirkt kontraproduktiv und setzt junge Menschen unnötig unter Stress. “Dabei geht die Freiheit verloren, die eigenen Stärken und Präferenzen zu erkunden und eigene Entscheidungen zu treffen“, betont Lina.  

Ihr Ansatz zur beruflichen Orientierung ist daher: “Ich möchte rücksichtsvoll mit mir selber sein und einfach schauen, dass ich mich nicht stresse.” 

Dabei hat sie für sich einen eigenen Weg gefunden und selbstständig Pläne für das Jahr zwischen dem Abitur und ihrem 18. Geburtstag gemacht: Sie erwägt eine Skilehrer*innen-Ausbildung und ein Au-Pair-Jahr im Ausland, um Erfahrungen zu sammeln, mit Menschen in den Kontakt zu kommen und ihre Sprachkenntnisse zu vertiefen. Danach denkt sie an ein Studium oder eine Ausbildung, wobei sie betont, dass sie sich Zeit für ihre Entscheidungen nehmen möchte. 

Lina wünscht sich mehr Gemütlichkeit in der Berufsorientierung: Das bedeutet für sie, “dass man genügend Zeit hat, also nicht unter Druck arbeiten muss oder in einem Hamsterrad festsitzt.” Vielmehr geht es darum, dass sich Schülerinnen und Schüler wohlfühlen und ihre individuellen Bedürfnisse berücksichtigt werden.  

Dies könnte gelingen, meint Lina, wenn Schulen “"das Berufscoaching noch erweitern und intensiver an den Schulen betreiben.”  

Gleichzeitig braucht es “Förderliche und vielfältige Kooperationen mit Unternehmen, damit Schülerinnen und Schüler Praktika machen und Einblicke in verschiedene Berufsfelder gewinnen können.” 

Konkrete Maßnahmen für Schulen und Unternehmen: 

  1. Auf die Bedürfnisse eingehen und vielfältige Informationen zu unterschiedlichen Ausbildungsmöglichkeiten bieten. 

  2. Mehr Kontakt zwischen Unternehmen und Schüler*innen herstellen, damit sie Einblicke in verschiedene Berufsfelder gewinnen können. 

  3. Unternehmen könnten Berufserkundung anbieten, um den beruflichen Alltag erlebbar zu machen und Lust auf den Beruf zu erzeugen. Davon profitieren alle! 

  4. Schulen sollten mehr Berufscoaching-Programme anbieten, um Schülerinnen und Schüler besser bei ihrer Entscheidungsfindung zu unterstützen. 

  5. Gleichzeitig braucht es Orientierungsunterstützung in der selbstständigen Recherche und der Flut von Angeboten (insbesondere für Internetrecherche). 

Fazit: 

Das Gespräch mit Lina verdeutlicht, wie wichtig Gemütlichkeit ist – d. h. sich Zeit nehmen dürfen für sich, eigenen Präferenzen und den ganz individuellen beruflichen Weg. Denn “die Fähigkeiten von jedem einzelnen sind total individuell und wertvoll.” Sie wünscht sich, dass junge Menschen das auch sehen und an sich selbst glauben.  

Gleichzeitig betont sie die Notwendigkeit der individuellen Unterstützung in der beruflichen Orientierung. Schulen und Unternehmen können durch einfühlsame, auf die Bedürfnisse zugeschnittene Programme dazu beitragen, dass junge Menschen selbstbestimmte Entscheidungen treffen können, ohne sich unnötigem Druck auszusetzen. 

Jüngeren Schülerinnen und Schüler möchte sie mit auf dem Weg geben: "Macht euch keinen Stress... es ist vollkommen okay, jetzt noch nicht total den Plan zu haben" 

Bei der beruflichen Orientierung darf es gern etwas gemütlicher zugehen. Denn so macht das Entdecken der eigenen Stärken und Interessen und das Finden des individuellen Weges richtig Spaß  😉