200703_wertefabrik_header-3.jpg

Inspiration

Nur, wo Werte sind, kann Sinn entstehen

 
 

 

Blogbeiträge

Warum wir Hoffnung brauchen

 

Foto von Nick Fewings auf Unsplash

 
 

Sowohl Christentum als auch Islam haben bereits vor 2000 bzw. 1500 Jahren auf die Notwendigkeit von Hoffnung für das menschliche Leben hingewiesen. Doch was bedeutet Hoffnung eigentlich heute jenseits religiöser Kontexte für uns und unser Leben? Hoffnung heißt zu erwarten, dass sich eine Situation positiv entwickeln wird, auch wenn man nicht weiß, wie sich die Situation tatsächlich entwickelt.  

In Indien gibt es ein Sprichwort: Tausche niemals Gewissheit für Hoffnung ein. Doch sollten wir manchmal genau das tun? Manchmal finden wir uns selbst in einer schlechten Gewissheit, in einer Situation, die uns nicht guttut: an einem bedrückenden Wohnort, einer unglücklichen Beziehung oder in einem belastenden Arbeitsverhältnis. Wir kennen diese Umstände vielleicht schon seit Jahren oder Jahrzehnten. Natürlich geben uns diese Dinge Gewissheit und Sicherheit, weil sie gewohnt sind. Aber warum nicht gerade hier Gewissheit gegen Hoffnung tauschen? Die Sicherheit verlassen und die Umstände ändern? Niemand weiß, was kommt, wenn man einen neuen Job beginnt, eine Beziehung beendet oder in eine andere Stadt zieht. Natürlich ist das beängstigend. Natürlich bedeutet das reale Verluste: Du gibst Gewohnheit auf, Alltag auf. Aber du gewinnst die Chance, dass die Umstände, die dich vorher belastet haben, sich verbessern, du gewinnst die Chance auf etwas Neues, etwas Besseres.  

Ohne Hoffnung würden wir in unseren schlechten Lebensumständen verharren, weil wir niemals diese Chance sehen würden. Wir würden nicht hoffen. Daher würden wir die Sicherheit genießen und niemals Veränderung geschehen lassen. Denn Hoffnung kann Treiber für Veränderungen sein. Ohne Hoffnungen, Zukunftsbilder einer besseren Welt, würde keine Veränderung entstehen, denn ohne Hoffnung würde es keine Menschen geben, die diese Hoffnung realisieren wollen, auch wenn eigentlich keine Chance dafür zu bestehen scheint. Hätten Frauen nicht bereits in den 1870er Jahren auf eine egalitärere Gesellschaft gehofft und dies zum Anlass genommen, sich aktiv für ihre Rechte z.B.  auf aktive und passive Wahl einzusetzen, obwohl das in der damaligen Gesellschaft undenkbar schien, wäre 45 Jahre später 1918 nicht das Frauenwahlrecht eingeführt worden. Und hätten die Menschen in der DDR 1989 keine Hoffnung auf Freiheit gehabt trotz Diktatur und Unterdrückungsstaat, wären sie nicht friedlich demonstrieren gegangen, um schließlich den Mauerfall und damit ihre Freiheit zu bewirken.  

Denn wenn wir Hoffnung haben, auch große Hoffnungen, und uns auf den Weg machen, diese Hoffnungen zu realisieren, kann, selbst wenn wir das große Ziel nie erreichen, auf diesem Weg bereits viel Gutes entstehen. So kann durch die Hoffnung auf eine egalitäre Gesellschaft schon auf dem Weg mehr Gleichberechtigung entstehen, durch die Hoffnung auf eine CO2-neutrale Wirtschaft in den nächsten zehn Jahren trotzdem mehr Klimaschutz und durch die Hoffnung auf ein Ende von gesellschaftlichen Gruppen trotzdem weniger Ausgrenzung, solange wir durch die Hoffnung beginnen zu handeln.  

Eng mit Hoffnung verbunden ist der Optimismus. Als Persönlichkeitseigenschaft beschreibt er die grundsätzliche Erwartung einer Person, dass sich Situationen und Gegebenheiten im Allgemeinen positiv entwickeln werden, während sich Hoffnung sehr viel konkreter auf einzelne Situationen bezieht und damit sehr viel instabiler ist. Forschung zu Optimismus zeigt uns einen weiteren Grund, warum wir diese grundsätzliche Sicht, dass sich die Dinge zum Guten entwickeln werden, als Menschen brauchen. Denn optimistische Menschen können besser mit Rückschlägen umgehen. Sie haben die Hoffnung, dass eine Situation, so schrecklich sie gerade auch sein mag, auf Dauer wieder positiv entwickelt. Sie geben daher trotz Rückschlägen nicht so schnell auf und machen weiter.   

Als Antreiber ist Hoffnung also bis heute essentiell für das menschliche Leben. Sie bewirkt Wandel und Entwicklung und hat die Macht, Dinge zum Guten zu verändern. Wenn Hoffnung nicht dazu führt, dass Menschen verharren, wenn sie Menschen nicht träge werden lässt, sondern ihnen Visionen gibt für ein besseres Morgen, hat sie heute immer noch einen bedeutenden Wert für unsere Gesellschaft.