Praxisbeispiele

Erfolgreich führen in Zeiten des Übergangs: Ein maßgeschneidertes Online-Training für junge Führungskräfte

 
 
 

Situation 

Bei Start-ups, die ein rasantes Wachstum vollziehen, steigt der Bedarf an Führung schnell an. Um diesen Bedarf zu decken, werden in der Regel Organisationsmitglieder zu Führungskräften befördert. Das ist auch der Grund, weshalb insbesondere in Start-ups schnelle Aufstiegsmöglichkeiten bereits in jungem Alter bestehen. Im konkreten Projektbeispiel sind auf diese Weise Mitarbeitende einer Digitalagentur in Führungspositionen gekommen, die bisher keine Führungserfahrung und noch recht wenig Berufserfahrung hatten.

Problem 

Führung ist eine komplexe Aufgabe. Diese ist auch deshalb so anspruchsvoll, weil Führung einerseits zu den Erfordernissen der Organisation passen muss und andererseits einen sehr individuellen und persönlichen Charakter hat. Einige Führungsthemen können durch emotionale und soziale Kompetenz intuitiv bewältigt werden, aber ohne Training und bewusste Reflexion kommt es früher oder später zu Schwierigkeiten – vor allem dann, wenn sich die organisatorischen Erfordernisse parallel verändern.

Weil Organisationen dynamisch und nicht stabil sind, passiert dies regelmäßig. Sie durchlaufen verschiedene Entwicklungsphasen, die durch einen unterschiedlichen Bedarf an internen Strukturen, Entscheidungsprozessen und der Zuordnung von Verantwortlichkeiten gekennzeichnet sind.

In diesem Projekt wurde an mehreren Stellen deutlich, dass sich das Unternehmen in einer Übergangsphase befindet. Informelle Regelungen griffen nicht mehr, bestehende Selbstverständlichkeiten wurden infrage gestellt, oder Absprachen drangen nicht mehr zu denen durch, die betroffen waren. Die sogenannte Pionierphase der Organisation war „überreif“ und kam zunehmend zu ihrem Ende.

Durch das niedrige Erfahrungsniveau bei gleichzeitig direkter Führungsverantwortung geschah Führung in dieser Phase eher unsystematisch und intuitiv. Dort, wo „Feuer brannten“, wurden sie zu löschen versucht – ein reaktives Verhalten, das wenig langfristige und systematische Steuerung ermöglicht. Dadurch wurde Führung zunehmend als ineffektiv wahrgenommen. Aufgaben blieben liegen, und Konflikte entstanden. Eine weitere Problematik der Situation war die persönliche Nähe und hohe Intimität innerhalb des Teams, die eine Trennung zwischen professioneller Rolle und Freundschaft erschwerte. Deutliche Rahmensetzungen oder kritisches Feedback wurden durch die freundschaftliche Nähe nicht immer gegeben, oder dem eigentlichen Punkt wurde zum Wohle der Harmonie ausgewichen. Das brachte die Führungsstrukturen an ihre Belastungsgrenzen, die Organisation drohte ihren Fokus zu verlieren.

Lösung 

Mit jeder (Über-)Reaktion auf wahrgenommene Symptome schafft man sich Folgeprobleme. In diesem Beispiel ging es darum, dem „Chaos“ zu begegnen, das „Durcheinander“ zu ordnen oder die Orientierungslosigkeit zu verringern. Typische Folgeprobleme bei Überreaktionen sind Symptome wie „Erstarrung“, „Bürokratie-Wahnsinn“ oder „Innenorientierung“.

Die typischen Spannungsfelder des Übergangs von der Pionier- zur Differenzierungsphase, in dem sich die Organisation befand, sind hier dargestellt:

Diese Polaritäten dienten uns als Leitplanken für das Training der jungen Führungskräfte. Gemeinsam ging es darum, Führungskompetenzen zu entwickeln, die dabei helfen, die typischen Spannungsfelder in der Zeit des Übergangs konstruktiv zu bearbeiten, ohne zu überreagieren und womöglich in eine Erstarrung zu geraten.

Weil das operative Geschäft in hoher Geschwindigkeit weiterlief, gab es wenig Zeit für Präsenztrainings. Deshalb wurde ein maßgeschneidertes Online-Lernprogramm konzipiert, das ein zeitlich flexibles Lernen über vier Monate ermöglichte. Dabei wurden die folgenden Oberthemen trainiert:

  • Grundlagen der Führung
    (Warum Führung; Normen, Lernen und Führung; Aufgabenbereiche von Führungspersonen)

  • Selbstführung
    (Stimmigkeit zwischen Rolle, Person und Selbst; Bewusste Aufmerksamkeit; Produktivität im Beruf)

  • Mitarbeitendenführung
    (Grundhaltungen in der Mitarbeitendenführung; Kommunikation; Leistung und Erwartung)

  • Teamführung
    (Teamdynamiken und Teamprozesse; Eigenschaften erfolgreicher Teams; Psychologische Sicherheit)

Eine je zweistündige Live-Session führte pro Modul in die wichtigsten Themen ein. Begleitend wurden in einem Online-Kurs Vertiefungswochen angelegt, die individuelles Weiterlernen und Praxisanwendungen ermöglichten.

Das Programm bot eine stimmige Mischung aus Tiefe und Flexibilität, um die wichtigsten Führungsgrundlagen zu erlernen. Die Grundlagen wurden immer mit starkem Bezug zur Realität der Organisation reflektiert (siehe oben: In welcher Phase befinden wir uns und welche Führung brauchen wir?). Die Teilnehmenden konnten ihr Lernen in den Arbeitsalltag integrieren und wochenweise neue Werkzeuge ausprobieren. Fragen, die hierbei auftraten, wurden in den folgenden Live-Sessions behandelt.

Ergebnis 

Führung wird innerhalb der Organisation nun von mehreren Menschen getragen und bewusst verantwortet. Entscheidungen werden nicht mehr nur von „einigen Wenigen“ an der Spitze getroffen, sondern differenziert von den verschiedenen Rollenträger. Damit rückt das Führungshandeln wieder „enger an die Mitarbeitenden“ – es wird direkter und effektiver. Die junge Belegschaft profitiert somit von direkterem Feedback und kürzeren Reaktionszeiten.

Das Führungsteam fühlt sich seiner Aufgabe nun nicht nur subjektiv besser gewachsen, sondern auch in den Prozessen und Strukturen der Organisation sind die flüssigeren und funktionaleren Abläufe spürbar. Parallel zum Führungstraining wurden viele strukturelle Themen angestoßen und im Zuge der Trainingsmaßnahme direkt eingeführt und reflektiert.

Die Inhalte stehen weiterhin als Toolbox zur Verfügung. Videos, Unterlagen und Inspirationsquellen sind jederzeit über eine digitale Plattform abrufbereit. Diese Toolbox dient der einzelnen Führungsperson als Hilfsmittel im Alltag. Sie wird zum Onboarding neuer Führungspersonen genutzt und setzt so Standards für das gesamte Führungsteam im Sinne eines gemeinsamen Führungsverständnisses, inklusive wichtiger Begrifflichkeiten und Praktiken.

Projektteam: Niels, Karsten und Christoph

 
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